A review by muyelinh
Der Clan der Otori. Das Schwert in der Stille by Irmela Brender, Lian Hearn

adventurous dark sad fast-paced

4.0

Nachdem ich meine ersten beiden Schnupperversuche in die Welt des Clans der Otori relativ zeitig an ein Ende gekommen waren, kann ich nach Beendigung des ersten Bandes nun mit gutem Gewissen sagen, dass ich nur deswegen nicht mit dem Buch klargekommen bin, weil ich zu dieser Zeit wohl zu viele Samurai-Storys um mich herum hatte und mir die Abwechslung im Leseverhalten gefehlt hat, um es genießen zu können. 

Die fiktive, aber stark an das mittelalterliche Japan angelehnte Welt dieser Fantasyreihe teilt sich zwischen drei Clans auf: den übermächtigen Tohan und den kleineren Seishuu und Otori. Die Hauptfigur Takeo entstammt einem kleinen Bergdorf am Rande der Zivilisation. Seine Heimat wird von den Tohan überfallen, und er wird von Shigeru, einem Lord der Otori, gerettet. Um sein Adoptivsohn werden zu können, muss er den Meister auf eine Hochzeitsreise mitten ins Herz der Tohan begleiten. 

Die Reise Takeos mit Shigeru und deren Aufenthalt in der Tohanhauptstadt Inuyama nehmen den breitesten Raum des Buches ein. Dabei versteht die Autorin es, brenzlige Situationen so einzustreuen, dass sich die Action- und Erzählsequenzen gut in der Waage halten. Zum Ende kommt es dann zu einem großen Showdown - plötzlich geht alles drunter und drüber. Die Ideen für den Abschluss dieses Bandes gefielen mir grundsätzlich, aber die Umsetzung war dann doch eher unbefriedigend.
Zum einen passiert DER Wendepunkt der Geschichte off-screen und zum anderen sterben sehr viele wichtige Figuren auf wenigen Seiten. Angesichts des unveränderten Personenverzeichnis in Band 2 bin ich gespannt, wie die Geschichte nach diesem Kahlschlag wieder an Fahrt gewinnen will. Insgesamt wurde hier ziemlich großzügig Potenzial verschenkt.


Wiederum sehr gut gefiel mir, wie nachvollziehbar Takeo handelt. Samuraigeschichten leiden oftmals unter einem milchbubigen Ehrbegriff naiver Hauptpersonen. Das habe ich hier nicht gespürt. Stattdessen hat er mir, obwohl er manchmal ein bisschen blass bleibt, Identifikationsmaterial geboten.

Ein bisschen komplizierter ist die Sache mit Kaede, der zweiten Hauptfigur und Perspektive des Werks. Letztendlich bin ich wegen des Klappentextes mit zu hohen Erwartungen an ihre Figur herangegangen.
Dort wird sie als die, "die allen Männern den Tod bringt" vorgestellt. Nun mag jeder diese Info so ausformen, wie er will, ich hatte eine gefährliche und gefühlskalte Kämpferin erwartet. Das bekommt man nicht, zumindest nicht in diesem Teil. Kaede ist nicht wehrlos und im Grunde auch ganz sympathisch, aber eben auch den männlichen Protagonisten bei weitem nicht ebenbürtig. Dazu passt auch, dass die Liebesbeziehung der beiden sehr wenig Substanz hat.


Insgesamt hatte ich doch mehr Spaß als gedacht, zumal das Buch sich superleicht lesen lässt. Die Grundlage für eine tolle Reihe ist gelegt, ich wäre aber sicher nicht böse, wenn die Handlungsintensität in den folgenden Bänden ein wenig gesteigert würde.